Den Auftakt der Medientage bildete nach dem Talkformat mit Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und einem Impuls von US-Botschafter Trevor D. Traina die Keynotes von Facebook-Berater, Silicon-Valley-Investor und Musiker Roger McNamee und „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, der die digitale Transformation am Beispiel seines Medienhauses erörterte. Tijen Onaran von Global Digital Women sprach sich in ihrer Rede für mehr Diversität in der Digitalisierung aus. Vielfältige Diskussionsrunden widmeten sich dem Kongressthema und beleuchteten den Wandel Medienlandschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
„Digital Geld verdienen: Im Spannungsfeld von Reichweite und Paywalls“
Erfolgreiche Online-Bezahlmodelle spielen für die Medienunternehmer verlegerischer Herkunft eine zentrale Rolle. VÖZ-Präsident und Styria-Vorstandsvorsitzender Markus Mair riet zu mutigem Vorgehen:„Der erste Schritt ist der einfachste: Man bietet den Abonnenten ein Upgrade an, um dann sie zum Digital-Abonnenten zu machen.“ Das Unternehmen ist ein Vorreiter im Digitalbereich. Heute hat die „Kleine Zeitung“ etwa 35.000 Digital-Abonennten, gefolgt von der „Presse“ mit ca.20.000.Auch VÖZ-Präsidiumsmitglied und Moser Holding Vorstandsvorsitzender Hermann Petz bekannte sich zu Online-Bezahlschranken: „Im digitalen Bereich braucht man alle Säulen: Reichweitenvermarkung, digitale Vertriebserlöse und Third Revenue Streams.“
Wie erreicht man als Medium die nächste Generation?
VÖZ-Vizepräsident Maximilian Dasch („Salzburger Nachrichten“) betonte im Panel „Wanted: Generation Alpha“, es sei ihm wichtig, mündige Leser und Bürger zu erreichen. Seine Mitdiskutanten bei den Österreichischen Medientagen 2019 waren sich einig, was die Kernwerte von erfolgreichen Nachrichten betrifft: Relevanz und Authentizität. Eine besonders wichtige Rolle käme Eltern und Pädagogen zu um auch die nächste Generation mit Medienkompetenz auszustatten. Auch Dasch bekannte sich zu Digitalabos als attraktiven Vertriebskanal für die Generation Alpha.
Debatte zur Medienpolitik drei Tage vor der Wahl
Mitten im Wahlkampffinale trafen Mediensprecher der Parlamentsparteien auf Branchenvertreter aus der Medien- und Werbeindustrie. Besonderes Augenmerk lag bei der Diskussion auf dem ORF – alle Diskutanten bekannten sich zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei der konkreten Ausgestaltung seiner Privilegien gab es jedoch unterschiedliche Ansichten. Zur Presseförderung gingen die Meinungen auf Politiker- wie Expertenseite auseinander. Markus Tschank (FPÖ) kritisierte einen massiven Abfluss der Werbewertschöpfung aus Österreich nach Übersee. Thomas Drozda (SPÖ) forderte, alles, was im Zusammenhang mit Medien eingenommen werde, solle auch für Medien verwendet werden. Er plädierte für ein plattformneutrales Modell der Presse- und Medienförderung. Helmut Brandstätter (NEOS) wünscht sich ein neues Medienförderungsgesetz und kritisierte das System der Inserate öffentlicher Stellen. Er forderte, es müsse „Schluss sein mit diesen PR-Maschinen, während die Redaktionen gleichzeitig ausgedünnt werden.“ Für Eva Blimlinger (Die Grünen) ist die an Auflage gebundene Presseförderung „völliger Schwachsinn.“VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger widersprach Blimlinger deutlich, Auflage sei die harte Währung in der Branche. Auch öffentliche Inserate betrachtete er differenzierter, diese seien keine Medienförderung sondern ein Leistungsaustausch. Peter Lammerhuber (Interessengemeinschaft der Mediaagenturen) sprach sich gegen Einzeldiskussionen und für eine strukturelle Reform und eine Haushaltsabgabe aus.
Auch zur Digitalisierung meldete sich Grünberger zu Wort. Er mahnte die konsequente Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform ein, und forderte die steuerliche Gleichbehandlung von Print und Online an – wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang sind der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf ePaper und die Digitalsteuer auf Online-Werbung. Auch eine Klarnamenfpflicht in Online-Foren sieht Grünberger unter bestimmten Bedingungen positiv.
Die Medientage 2020
Die 27. Österreichischen Medientage finden am 23. und 24. September 2020 statt – nähere Details sind noch offen.