ORF-DIGITALNOVELLE
10. Mai 2023

VÖZ fordert Reduktion des ORF auf öffentlich-rechtlichen Auftrag und Entpolitisierung der Gremien

Der Verband Österreichischer Zeitungen befasste sich bei seiner traditionellen Vorstandsklausur mit aktuellen Herausforderungen der Medienbranche, unter anderem mit dem neuen ORF-Gesetz und der geplanten Digitalnovelle. Im Zuge des Arbeitstreffens entwickelte der Verband ein Fünf-Punkte-Programm für eine grundlegende ORF-Reform. Dieses soll einen fairen Ausgleich im Interesse eines dualen Medienmarkts gewährleisten.
© Andreas Tischler / picturedesk.com

Darin fordert der VÖZ, dass die aktuellen Programm- und Sendungsangebote in Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF evaluiert werden. Jene Angebote, die keinen öffentlich-rechtlichen Mehrwert für das Publikum aufweisen, sollten dem privaten Mediensektor zugewiesen werden. Diese Verringerung des Programms- und Sendungsangebots entspricht der europäischen Entwicklung, was neben einer ebenfalls höchst notwendigen Straffung der Strukturen auch einen verminderten ORF-Beitrag zur Folge hätte. Zur notwendigen Gremienreform gehörte auch eine Entpolitisierung und Verkleinerung des Stiftungsrates.

Der ORF darf laut Gesetz bereits heute eigentlich kein vertiefendes, zeitungsähnliches Textangebot machen. Die Realität sieht allerdings deutlich anders aus. Daher fordert der Verlegerverband in seinem Fünf-Punkte-Programm einen eindeutigen Fokus auf audiovisuellen Content auf der „Blauen Seite“. Die tägliche Überblicksberichterstattung hat aus audiovisuellen Beiträgen zu bestehen, die dazugehörigen Begleittexte sollen in Zukunft 300 Zeichen nicht überschreiten dürfen. Damit dies eingehalten wird, sollte nach dem Vorbild Deutschlands eine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle aus Mitgliedern der Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverbände und dem ORF-Direktorium geschafften werden. Um allfällige Verstöße gegen diese Rahmenbedingungen auch ahnden zu können, braucht es zudem ein Verbandsbeschwerderecht gegenüber der KommAustria.

In Zusammenhang mit den Forderungen nach mehr „Online Only“-Content warnt der VÖZ vor einem Wildwuchs an eigenständigen und von einer konkreten Sendung losgelösten Inhalten: Auch in Zukunft soll das Prinzip der Programmbegleitung gelten und auch „Online Only“-Veröffentlichungen einen konkreten Programmbezug aufweisen müssen.

Angesichts der öffentlich-rechtlichen Verantwortung des ORF erachtet der VÖZ zudem eine wirksame Beschränkung der Werbung für angebracht und fordert, diese auf 1,5 Mrd. AdImpressions (Sichtkontakte mit Werbemitteln) pro Jahr zu limitieren. Sonderwerbeformen wie Product- und Themenplacement sollten dem ORF künftig untersagt werden, da sie nicht mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag in Einklang stehen. Auch für Aktivitäten auf Social-Media-Plattformen sollen künftig keine öffentlichen Mittel mehr aufgewendet werden, einzelne Ausnahmen könnten im Rahmen des Bildungsauftrags gewährt werden.

Bisher keine ernsthaften und fairen Verhandlungen zur ORF-Reform

Darüber hinaus hält der VÖZ fest, dass er auch weiterhin für ernsthafte Verhandlungen zum ORF-Gesetz zur Verfügung steht. Die Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer vom 3. Mai, dass „im Vorfeld intensiv mit den Verlegerinnen und Verlegern verhandelt“ worden sei, stößt auf Unverständnis. „Weder der VÖZ noch einer seiner Vertreter waren in ernsthafte Verhandlungen eingebunden“, sagt VÖZ-Präsident und Styria-Vorstandsvorsitzender Markus Mair. „Der Prozess war von Geheimniskrämerei mit spärlichen und selektiven Informationshäppchen gekennzeichnet. Faire und offene Verhandlungen mit den betroffenen Stakeholdern sehen definitiv anders aus.“