VÖZ-Präsident Thomas Kralinger, der sein Amt nach der Matinée an Styria-CEO Markus Mair übergab, betonte zu Beginn, dass der Schutz persönlicher Daten für Verleger seit jeher „ein hohes Gut war“. Der rechtliche Rahmen im digitalen Raum gehöre allerdings „an der einen oder anderen Stelle geschärft“, insbesondere pochte er auf ein „Level-Playing-Field“ ausnahmslos für alle Marktteilnehmer.
Andrew Keen: „How To Fix The Future“
Als erster Redner erklärte Andrew Keen, „how to fix the future“ – also wie man die Zukunft retten könnte: „Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Überwachung und soziale Zerwürfnisse – angesichts der zahlreichen Probleme der digitalen Revolution müssen wir die menschliche Handlungsfähigkeit schleunigst wiedererlangen.“
Anhand von Beispielen aus Deutschland, Singapur, Estland, Indien, Brüssel und dem Silicon Valley skizzierte Keen fünf Strategien, wie diese Rückeroberung gelingen könnte: „Regulierung, Innovation, Verbrauchermacht, Bürgerbeteiligung und Bildung sind die Schlüsselfelder, um die Digitalisierung positiv zu gestalten.“ Dass es der Menschheit nach der industriellen Revolution bereits einmal gelungen ist, den frühen Kapitalismus erfolgreich zu zähmen, stimmt Keen zuversichtlich: „Auch jetzt gilt es, den drastischsten Verwerfungen der digitalen Transformation gemeinsam entgegenzuwirken.“ Das Ziel müsse die Vereinbarkeit von Mensch und Maschine sein.
Viktor Mayer-Schönberger: „Big Data und die gesellschaftlichen Folgen“
Auch Big Data-Experte Viktor Mayer-Schönberger beschäftigte sich mit den Konsequenzen der technologischen Transformation: „Wir müssen die Dynamiken des digitalen Umbruchs verstehen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die digitale Veränderung Markt und Demokratie befördert, nicht zerstört.“
Märkte hätten in der Vergangenheit vorrangig über den Preis und nicht über Produktdetails funktioniert. Heute sei das anders, der Preis spiele keine so große Rolle mehr. Datenreiche Märkte – Google, Facebook, Apple, Amazon und Airbnb agieren auf solchen – würden preisbasierte Märkte überholen, indem sie ein besseres Service böten. Gelinge es in Zukunft nicht, diese Machtkonzentration zu brechen, seien Marktwirtschaft und Demokratie in Gefahr. Dabei käme es auf Vielfalt und Solidarität an – nicht auf Protektionismus, Aktionismus und Nationalismus.
„Durch geschickte Maßnahmen, wie etwa die Pflicht zum Datenteilen, können wir Innovationskraft sicherstellen und einer gefährlichen Machtkonzentrationen entgegenwirken.“ Laut Mayer-Schönberger dränge die Zeit: „Verpassen wir hingegen diese aktuelle Gestaltungschance setzen wir die freiheitlich-demokratische Zukunft unserer Gesellschaft aufs Spiel.“
Andrea Jelinek: „Das Grundrecht auf Datenschutz“
Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) habe die Europäische Union laut Österreichs oberster Datenwächterin Andrea Jelinek ihre Gestaltungschance in einer globalisierten und digitalisierten Weltgenützt. „Datenschutz ist im Mainstream angekommen“, so Jelinek. „Das Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai 2018 war sicherlich nicht der Endpunkt – sondern vielmehr der Beginn dieser Entwicklung.“ Die Verantwortung für Daten gehöre dorthin, wo mit den Daten gearbeitet wird. Es sei eine enorme Errungenschaft für alle Bürgerinnen und Bürger, nun tatsächlich ein einheitliches Datenschutzregime in der EU zu haben – das allgemein gestiegene Bewusstsein für Datenschutz sei bereits einer der ersten positiven Effekte der DSGVO.
Der Datenschutzaktivist Max Schrems „muss nicht mehr nach Irland fahren, um eine Beschwerde einzubringen, sondern kann das in Österreich machen“, so Jelinek. Die hohen Strafandrohungen hätten dazu geführt, das Thema Datenschutz auf CEO-Ebene zu heben: „Vergehen können nun nicht mehr aus der Portokasse gezahlt werden.“ Jelinek betonte aber auch, dass „die große Furcht vor den 20-Millionen-Euro-Strafen heraufbeschworen“ sei, es sei „unfair, dass mit der Angst gute Geschäfte gemacht wurden und werden“.
Kritischen Wortmeldungen aus dem Publikum über den für Medienunternehmen zu großen Interpretationsspielraum bei gültigen Regelungen entgegnete Jelinek, dass die Datenschutzbehörde schon jetzt in Dialog mit Branchenverbänden getreten ist und verwies dabei auf allgemein bekannte europäische Guidelines.
Anita Zielina: „Die Redaktion der Zukunft“
Zum Abschluss sprach Digitalexpertin und Medienmanagerin Anita Zielina über „Die Redaktion der Zukunft“ – konkret darüber, in welche Skills und Mitarbeiter Medienunternehmen künftig investieren müssen, um die Disruption der Medienwelt erfolgreich meistern zu können und konkurrenzfähig zu bleiben.
Eine „gute Guideline“ sei, Investitionen und Personalmaßnahmen immer an der Strategie beziehungsweise am strategischen Ziel des Unternehmens auszurichten. Internationale Entwicklungen würden zeigen, dass 30 Prozent der Mitarbeiter in fünf Jahren ihren Job „nicht mehr so machen werden können, wie sie ihn heute machen“, betonte Zielina.
Von Storytelling bis Audience Management und von Produktmanagement über Social Media – neue Rollen in Redaktionen seien essenziell, um digital innovativ zu bleiben. Es gehe nun darum, als Arbeitgeber entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Wenig Verständnis äußerte Zielina für Journalisten, die keine Bereitschaft zeigen, sich digitale Grundfertigkeiten anzueignen: „Auch wenn es hart klingt – wer nicht digital arbeiten will, der ist in einem Medienunternehmen des Jahres 2018 falsch aufgehoben.“